Nico Walker hat seinen ersten Roman „Cherry“ veröffentlicht, der in den USA gefeiert wurde. Rezensionen im Wall Street Journal, New York Times. Denn die Themen scheinen die Staaten zu bewegen: die Opioid-Krise und das Trauma der Veteranen der Kriege in Nahost.
„Cherry“ ist im Gefängnis geschrieben. Nico Walker sitzt in Kentucky ein, wegen 10 Banküberfällen – Beschaffungskriminalität. Aus einem ziellosen Studenten, der den Aufputschmitteln nicht abgeneigt ist, wird ein Soldat, der als Sanitäter in den Irak geschickt wird. Nico Walker ist auf nichts vorbereitet, was ihn dort erwartet. Auch seine Ausbildung bei der Army ist mehr als rudimentär. Viele seiner Kameraden sterben und wenn sie nicht auf lebensgefährlichen Patrouillen sind, nehmen sie Schmerzmittel, schnüffeln Klebstoff und schauen frauenverachtende Pornos. Nico Walker beschreibt ein Szenario, das jeden vernünftigen Menschen nur mit dem Kopf schütteln lässt.
Nico ist verheiratet. Seine Frau Emily hat er an der Uni kennengelernt. Durch den Irakeinsatz entfremden sich die beiden, Emily hat Affären. Als Nico nach Hause kommt, leidet er – wie viele andere – unter posttraumatischen Belastungsstörungen: Emily und er werden Drogensüchtig, erst Oxy, dann Heroin. Und das passiert in der weißen, amerikanischen Mittelschicht. Emily schreibt sogar gerade ihre Doktorarbeit.
„Cherry“ ist eine Biographie, die nur aus rein rechtlichen Gründen in Romanform geschrieben ist.
Fazit
Ich bin geschockt von so viel Ehrlichkeit, Dummheit und Gleichgültigkeit. Ob Nico Walker Opfer ist, ob seine Ziellosigkeit ihn hat abstürzen lassen oder der Krieg… das sind Fragen, die offen bleiben. Ich wünsche ihm, dass er mittlerweile clean ist und nach seiner Entlassung so etwas wie Frieden findet.
Nico Walker: „Cherry“, aus dem Amerikanischen von Daniel Müller, 384 Seiten, 22 Euro, Heyne Hardcore, ISBN 987-3-453-27197-5
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