Der Anschlag in Hanau

Am 19. Februar 2020 erschießt ein Rechtsextremer in Hanau 9 Menschen aus rassistischen Motiven, weitere werden schwer verletzt. Hanau wird immer untrennbar mit dieser Gewalttat verbunden sein. In diesen 12 Minuten sterben 

Gökan Gültekin, Sedat Gürbüz, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtovic, Ferhat Unvar, Vili Viorel Paun, Fatih Saracoğlu, Kaloyan Velkov und Said Nesar Hashemi – der keine Bruder von Said Etris Hashemi, der den Anschlag mit mehreren Schusswunden überlebt. 

Jetzt ist sein Buch: „Der Tag an dem ich sterben sollte – Wie der Terror in Hanau mein Leben für immer verändert hat“ erschienen. Darin blickt er zurück auf seine Kindheit in Hanau-Kesselstadt, erzählt, von den schlimmsten Minuten in seinem Leben und lässt uns an Tagen des Untersuchungsausschusses teilhaben. Es ist Aufarbeitung und Plädoyer für eine Veränderung in der Gesellschaft.

Said Etris Hashemi beginnt mit dem Untersuchungsausschuss, in dem gerade der damalige hessische Innenminister Peter Beuth spricht. Ein Moment von dem sich die Angehörigen der Opfer mehr erhofft hatten. Es gibt über 30 dieser Sitzungen im Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag. Und vieles kommt ans Licht, auch unangenehme und unglaubliche Dinge – vor allem die mangelnde Kommunikation zwischen den Beteiligten. Es drängt sich der Gedanke auf, dass es zur Tat nur kommen konnte durch die Verkettung von Versagen an den unterschiedlichsten Stellen: Ein Täter, der psychisch auffällt und im Waffenbesitz ist, ein verschlossener Notausgang, der Notruf, der nicht erreichbar ist, überforderte Polizisten und Rettungskräfte – das Tüpfelchen auf dem I, falls das überhaupt noch möglich ist: gegen 13 SEK-Beamte, die am 19ten Februar im Einsatz waren, wurde wegen volksverhetzenden Chats ermittelt.

Und wir tauchen kurz ein in die Kindheit und Jugend eines Migrantenkindes in Hanau-Kesselstadt. Wir erfahren Dinge, die uns klar sind, es aber gut ist, sie noch mal zu hören.

Fazit

Ein gutes und außergewöhnliches Buch, das ich jedem nur ans Herz legen kann. Said Etris Hashemi schreibt schonungslos offen, gliedert die Kapitel in einzelne Tage seines Lebens, verknüpft Vergangenheit – die Leere – und das Jetzt geschickt miteinander. Es ist ein unglaublich starkes Buch geworden, sehr persönlich.

Ich habe mit Said Etris Hashemi im hr2-Doppelkopf gesprochen, findet ihr hier: www.hr2.de oder in der ARD-Audiothek.

Said Etris Hashemi: Der Tag, an dem ich sterben sollte, 224 Seiten, Hoffmann und Campe, 23 Euro, ISBN 978-3-455-01802-8

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