„Das Auge von Hongkong“ von Chan Ho-kei erzählt in 6 Geschichten die spektakulärsten Fälle des Inspector Kwan – natürlich Ermittler in Hongkong. Man spricht jetzt schon von Chan Ho-kei’s Meisterwerk. Das Buch ist bereits in zehn Ländern erschienen und wird gerade in China verfilmt.
Ich finde es wirklich außergewöhnlich!
Es gibt zwei geniale Eigenheiten: Neben dem zu lösenden Fall erfahren wir viel über das Hongkong, das, wie kaum eine andere Stadt, ständigen politischen und wirtschaftlichen Umbrüchen unterworfen war: z.B. 1967 Unruhen der Prokommunisten, Korruption der Behörden Ende der 70er Jahre, 1997 Übergabe der Briten an China.
Und der Autor Chan Ho-kei räumt das Feld von hinten auf – er beginnt das Buch mit dem sterbenden Kwan. Denn eigentlich war dieses erste Kapitel für einen Kurzgeschichten-Wettbewerb gedacht, wurde aber etwas zu lang aber durchaus ausbaubar, wie Chan Ho-kei fand. Warum also nicht einen klassischen Detektivroman schreiben, mit in sich geschlossenen Teilen und einem Richtungswechsel?!
Hongkong 2013, die Polizeilegende Inspector Kwan liegt im Sterben. Sonny Lok, sein Kollege und „Schüler“ bezieht seinen Mentor als geniales Gehirn in aktuelle Ermittlungen mit ein. Vom Bett aus löst Kwan seinen letzten Fall. Schon nach den ersten Seiten glaubt ihr alles über dieses Verbrechen zu wissen, dann wird eure Aufmerksamkeit auf jemand anderen gelenkt und dann steht ihr wieder vor dem Nichts. Auch Sonny Lok muss einen Umweg gehen, um den Mörder zur Rechenschaft zu ziehen, mit Kwans Hilfe.
Fazit:
Tatsächlich ein Meisterwerk. Man spürt die Geschichte Hongkongs, seiner Einwohner und den Einfluss Großbritanniens. Habt ihr euch schon mal an einem – natürlich übersetzten – traditionellen chinesischen Roman versucht? Das lässt sich nicht aushalten! Endlose Seiten an Beschreibungen, der Plot kommt nicht voran – für den schlichten Europäer eine langweilige Zumutung.
Aber „Das Auge von Hongkong“ lässt sich sehr europäisch lesen. Die Idee das Verbrechen auch mal in den Hintergrund der Geschichte treten zu lassen und der Stadt den Vorzug zugeben hat sich als genial erwiesen. Chan Ho-kei ist für mich einer der besten Krimiautoren – nur wenige verstehen es den Leser so aufs Glatteis zu führen!
Chan Ho-kei: „Das Auge von Hongkong“, 576 Seiten, 24 Euro, Atrium, ISBN 978-3-85535028-5