Literatur zur Tea Time

Das ist jetzt so was wie ein großer Traum in klein. Ich werde heute bei Literatur zur Tea Time vom Größenwahn-Verlag teilnehmen, als Mitglied eines „literarischen Quartetts“.

Die Stars des Nachmittags:

Cover Hool

Hool – Philipp Winkler (Hörbuch)

Ich muss zugeben – „Hool“ war mein erstes Hörbuch. Und an ein solches Medium musste ich mich erst mal gewöhnen. Vor allem an die Sprache! Präteritum??? Echt jetzt?? Das klang in meinen Ohren einfach nicht richtig. Ich weiß, das wird ein Buch vorgelesen – aber Perfekt hätte sich alle mal besser gemacht – vor allem wäre ich dran geblieben.

Philipp Winkler hat es mit seinem Debüt „Hool“ gleich auf die Longlist für den deutschen Buchpreis geschafft – eine riesige Leistung. Der Grund: eine Geschichte über den Bodensatz der Gesellschaft verfasst in einer harten Sprache, die einen oft wie ein Schlag ins Gesicht trifft – naja, es geht ja auch um prügelnde Hooligans. Doch es fällt schon nach einigen Minuten auf, dass der Autor sehr bemüht ist, immer wieder neue Pseudonyme für ein und die selbe Tätigkeit zu finden – ist der Bodensatz der Gesellschaft wirklich so wortgewandt? Und auch Heiko selbst bricht immer wieder aus – eben gerade noch hart und dreckig wird er fast romantisch, wenn er seine Umgebung beschreibt – für mich fühlt sich das widersprüchlich an.

Heiko Kolbe ist ein wütender junger Mann, Scheidungskind – versoffener Vater usw. Seine Ersatzfamilie sind die Hools von Hannover 96 – deren Anführer Heikos Onkel Axel. Für Heiko geht es von einem Kampf zum nächsten, wer auf dem Boden liegt hat verloren. Diese Szenen sind so gut geschrieben – ich wollte mehr – mehr Schläge, Tritte, Blut und habe auf das nächste „Match“ hingefiebert.

Heikos Freunde Ulf, Kai, Jojo hauen schlussendlich in den Sack und verlassen die Hooligan-Szene. Nur Heiko, der ja sonst nichts hat, macht weiter.

Cover Ehrlich

Sag‘, dass es dir gut geht – Barbara Bisicky-Ehrlich

Die Frankfurterin Barbara Bisicky-Ehrlich hat eine Familienchronik geschrieben über Geschichte, die wir nie vergessen dürfen. Wir lernen ihre Urgroßeltern kennen, die in der ehemaligen Tschechoslowakei leben, ihre Großeltern in Frankfurt und ihre Eltern und in allem schwingt die Erfahrung von Holocaust-Überlebenden mit. In dieser Familie ist etwas geschehen, was man heute fast nicht glauben kann. Barbaras Vorfahren haben den Holocaust in verschiedenen Lagern überlebt und zueinander gefunden mit unterschiedlichen Überlebensstrategien. Was macht das mit der nachfolgenden Generation?

Es ist eine Familienchronik – dennoch habe ich mir mehr gewünscht. Barbara Bisicky-Ehrlich hat aufgeschrieben, was ihr erzählt wurde. Gerne wäre ich eingetaucht in die Geschichte jeder einzelnen Person, ein bisschen Fiktion hätte da auch nicht geschadet… Die Kapitel wiederholen mir zu oft die Verwandtschaftsverhältnisse, da hätte der Lektor ein genaueres Auge gebraucht.

Cover Tuchhändlerin

Die Tuchhändlerin – Ivonne Hübner

Mit dem Titel schon mal voll im Trend! „Tuch“ läuft – auch das Cover ist super!

1830 die Expediteurs-Tochter Luisa verliebt sich in den Weber Caspar. Dem Weber-Gewerbe allerdings geht es nicht gut, die Industrialisierung setzt ein. Damast und Leinen können maschinell hergestellt werden. Um Caspars Familie zu versorgen lässt Luisa Schmucktücher für die feine Gesellschaft herstellen – nicht ohne Risiko: als Frau schon mal unschicklich und dann auch noch gegen das Zunftsrecht. Und dann kommt eben auch Frau höheren Standes will Mann unteren Standes heiraten. Und das bringt selbstredend auch noch mal einiges an Verwirrung mit.

Fast 400 Seiten – und die Geschichte bekommt keine Dynamik. Auch die Figuren bleiben mir zu flach, in ihren Begegnungen wiederholt sich zu viel. Das Fräulein Luisa entscheidet selbsttätig, ist oft bei Caspar zu Hause und besticht sogar den Obermeister der Weber. Alles Situationen, die ich mir nicht vorstellen kann für 1830.

Nichtsdestotrotz ein ganz schöner Roman. Er liest sich flüssig und leicht, wir bekommen eine ganze Menge technische Details der alten Webstühle mit und über den Weberaufstand Anfang September 1830, der sich Jahre später dann ausgebreitet hat.

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